Veröffentlicht Montag, 06.05.2019 von Dr. med. Christian Gersch
Dr. Gersch ist niedergelassener Arzt in Kaiserslautern
wenn ich eine Studie, einen Artikel in einer Fachzeitschrift oder ein Buch lese und darin auf eine interessante Information stoße, dann schreibe ich mir dazu oft eine Notiz.
Ich weiß nicht, ob es Ihnen genauso geht wie mir, aber nicht immer weiß ich sofort, was ich mit einer spannenden Erkenntnis anfangen werde. Oft sind Notizen aber erst einmal ganz gute Aufbewahrungsorte für mich.
Neulich hatte ich mich beispielsweise in der medizinisch-wissenschaftlichen Datenbank Pubmed auf die Suche gemacht, welchen guten Rat ich einer Patientin geben könnte, die über ein seltenes Kopfschmerzphänomen klagte. Viele Termine beim Neurologen, Krankenhausaufenthalte, selbst mit einem invasiven Eingriff an Ihrem Nervenwasser, hatten sie nicht weiter gebracht. Schwindel, Schmerzen und Erschöpfung begleiteten sie weiterhin jeden Tag.
Nach meiner Recherche konnte ich ihr einen Namen für ihr Phänomen nennen, ihr zwei Fallbeschreibungen von anderen Menschen schicken, die das Gleiche erlebt hatten, zusammen mit den bei diesen Patienten erfolgreich ergriffenen Therapieoptionen. Und ich war auf eine Information gestoßen, die mir neu war: Koffein führt zur vermehrten Produktion von Hirnwasser.
Darüber schrieb ich mir eine Notiz in einer speziellen Informationsmanagement-Software. Ein paar Tage später hörte ich ein Interview mit dem Schlafforscher Prof. Matthew Walker, der darin erklärte, wie sich während des Schlafs Hilfszellen des Gehirns (Gliazellen) zusammenziehen, um Platz für das Hirnwasser zu schaffen. Das Hirnwasser fließt das vermehrt durchs Gehirn und spült dabei angefallenen »Zellmüll« fort. So erklärte Prof. Walker, wie Schlaf der Alzheimer-Erkrankung vorbeugt, indem die mit Alzheimer in Verbindung gebrachten Amyloid- und tau-Proteine (die in geringem Maß bei jedem anfallen) nachts einfach entsorgt würden.
Dass es eine Verbindung von (zu wenig) Schlaf und Alzheimer gibt, wusste ich schon. Ich wusste auch, dass es Beschreibungen gab, dass Kaffee vor Alzheimer schützen sollte. Plötzlich wurde mir klar, wie dies funktionieren musste: Wenn das Koffein im Kaffee zur vermehrten Bildung von Hirnwasser führt, und nachts das Hirnwasser die Alzheimer-assoziierten Proteine wegspülte, dann half Koffein gegen Alzheimer, indem es die Menge der Spülflüssigkeit erhöhte.